Die Lehrerstelle

Der Dorflehrer war ein Angestellter, dessen Gehalt sich Ende des 19.Jahrhunderts aus Bezügen des Rentamtes (Finanzamt), einer Schulkasse, der Gemeinde und Zahlungen aus Stiftungen und kirchlichen Kassen zusammensetzte. Seine Tätigkeit wurde von der königlichen Schulinspektion überwacht. Auf Landkreisebene war dies die Bezirksschulinspektion, auf der örtlichen Ebene ("Lokalschulinspektion") war dies der örtliche Pfarrer. Über die "Visitationen", d.h. die Überprüfung der Lehrtätigkeit und des Kenntnisstandes der Schüler liegen verschiedene Niederschriften aus der Zeit um 1900 vor.


Entlohnung des Lehrers

Der jeweilige Lehrer hatte seit alters her und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein nicht nur die Schule zu führen und die Kinder zu unterrichten, sondern auch Kirchendienste zu leisten, sich z.B. um Chor und Orgelspiel zu kümmern. Wenn er bei Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen Orgel spielte, erhielt er dafür "Stolgebühren". Einen Teil seiner Bezüge erhielt er in Naturalien: Brennholz, Getreide u.a. Auch eine Lehrerwohnung stand ihm zur Verfügung.
Wie attraktiv eine Lehrerstelle auf dem Land war, konnte man anhand von Beschreibungen ersehen. Eine Beschreibung der Volksschulehrerstelle mit allen Einzelheiten, die für Bewerber zu dieser Zeit wichtig waren, liegt für Baiershofen vor und gibt den Stand um 1912 wieder. Nach dieser Beschreibung erhielt der Baiershofener Volksschullehrer jährlich insgesamt 1400 Mark (incl. der in Geldwert umgerechneten Naturalien) - ein Betrag, den auch ein qualifizierter Handwerker erreichen konnte.

Eine frühere Beschreibung der Stelle ("Fassion über die katholisch Schul- und Kirchendienststelle Baiershofen" von 1899) nennt 1154 Mark - eine Summe, die sich ebenfalls aus der Entlohnung für den Schuldienst (1067,18 Mark) und Bezüge aus dem Kirchendienst und Naturalienwert zusammensetzt. Wieviel jedes Anwesen an Naturalien und Geld entrichtete geht aus einer Abgabenliste (wahrscheinlich 1899) hervor.

Aus dem Jahr 1859 liegt ebenfalls eine "Fassion über den Gesamtertrag der katholischen Schulstelle Bayershofen" vor, die vom Landgericht Dillingen (damals Vorläufer der späteren Bezirksämter) herausgegeben wurde. Sie gibt eine Übersicht über die verschiedenen Aufgaben des Dorfschullehrers. Darin heißt es:

Mit Zuziehung des am Ende Unterzeichneten im 39. Lebensjahre und im 5. Jahre seines hiesigen Dienstes stehenden Schul-lehrers [Matthäus Stiegelbauer, d.V.] aufgestellt und als richtig bescheinigt durch die in der Gesamtheit ihrer Mitglieder am Ende unterzeichneten Ortsschulkommission zu Bayershofen den 17. Juli 1859
I. Ertrag des eigentlichen Schuldienstes
fl., kr.
An ständigem Gehalte aus der Gemeinde-Kasse:
a) an barem Gelde
a) Gehaltsaufbesserung
23, 47
15
b) an Naturalien: 2 Klafter weiches Scheitholz aus dem a) Gemeindewald 14, 30
Von Privaten:
aus dem Ertrag des Schulgeldes
Schulgelderhöhung
48, 48
14, 12
II. Realitäten
Wohnung des Lehrers 12
Garten 12, 51
Vertheilte Gemeindegründe 5 Tagw. 87 Dezimale, wovon noch 4 Tagw. 38 Dezimale unkultiviert sind 12, 12
III. Kirchendienst
an Geld von Privaten
von der Pfarrkirchenstiftung
19, 13
12
An Naturalien 1 1/2 Scheffel Roggen und 1 1/2 Scheffel Haber 21, 12
fürs jährliche Rosenkranzläuten 1 Klafter Fichten und Föhrenholz
für 82 Läutgarben à 3 Kr.
von Stolgebühren
für Aufziehen der Kirchenuhr
für 49 gestiftete Jahrtage
17
14, 6
19, 38
13
34
fixer Gehalt als Organist von Kirchenstiftung 15
als Gemeindeschreiber 15
Die Einkünfte betragen 276,13



Auch aus dem frühen 19. Jahrhundert gibt es Aufzeichnungen (wahrscheinlich aus den Nachforschungen von Friedrich Bauer) über die Bezüge des Lehrers. 1824 erhielt er (zusätzlich zu festen Bezügen) an Schulgeld, das von den Eltern zu entrichten war, ca. 67 Gulden. D.h. von jedem der 42 zu unterrichtenden Kinder 1 fl. 30 Kreuzer pro Jahr. Zum Vergleich: 1 Pfund Butter kostete ca. 15 Kr. - das Schulgeld pro Kind und Jahr betrug also etwa den Gegenwert von 6 Pfund Butter (ein Gulden hatte 60 Kreuzer)
Für die Sonntagsschule (diese wurde für die 14- bis 18-Jährigen überwiegend zur christlichen Unterweisung, teilweise auch mit berufsschulähnlichen Inhalten abgehalten) gab es pro Schüler und Jahr 44 Kreuzer (für 1824: 24 fl). Hinzu kamen Einnahmen aus Stolgebühren: für Mesner- und Organistendienste bei Hochzeiten je 30 Kreuzer, bei Taufen 10 Kr., bei Beerdigungen Erwachsener ("Erwachsenenleichen") 2 fl.40 Kr, bei "Kinderleichen" 20 Kr. - 1824 insges. ca. 25 fl.
Alles in allem waren dies kanpp 120 fl. im Jahr (ohne evtl. feste Zahlungen). Ein Handwerker kam in dieser Zeit etwa auf 150 fl. im Jahr



Der Lehrer Matthäus Stiegelbauer und seine Frau, ca. 1880, Aufnahme des Donauwörther Fotoateliers Obermaier. Stiegelbauer war von 1854 bus 1874 in Baiershofen tätig.


Liste der seit 1805
in Baiershofen
tätigen Lehrkräfte



Lehrer und Lehrerinnen, die in Baiershofen unterrichteten:

Zeitraum Name
1805 Leonhard Gsell
1810 - 1812 Johann Mayerhofer
1812 - 1815

Franz Sales Gsell (Sohn v. L. Gsell)

1815 - 1824

Georg Gumposch

1824 - 1829 Xaver Zimmermann, Verweser
1829 - 1831 (schon ab 1824?) Amandus Gropp
1831 - 1835 Benedikt Fessler
1835 - 1837 Philipp Barth
1837 - 1838 Josef Kurz
1838 - 1844 Xaver Baumann
1844 - 1846 Joseph Behr
1846 - 1847 Johann Gaßner
1847 - 1854 Franz Xaver Knöpfle
1854 (20.10.) - 1874 (1.10.) Matthäus Stiegelbauer
Bild siehe ganz oben rechts
1874 - 1875 Xaver (Max?) Ganshorn
1875 - 1876 Johann Schauer, Verweser
1876 - 1879 Gebhard Oettle
1879 - 1880 Friedrich Sauter, Verweser
1880 - 1888 Karl Schmid
1889 - 1892 (bis 1.3.) Johann Ev[angelist] Dodel
1892 (bis 1.9.) Alois Döß, Verweser
1892 - 1902 Otto Kinzer, war nebenbei auch als Versicherungsagent tätig
1897 - 1898 Franz Steutner, Schuldienstexponant
1898 Rupert Egenberger, Schuldienstexponant
1898 Alois Gruber, Schuldienstexponant
1902 - 1906 Hugo Schaflietzl
(war evtl. schon
ab 1898 in Baiershofen tätig)
1906 (1.5. bis 1.7.) Josef Kobl, Verweser
1906 - 1910 Josef Knoll
1910 - 1911 Georg Prestel, Verweser
1911 - 1912 Wilhelm Wörle (Schwäbischer Dichter)
1912 - 1913 Josef Biberacher, Verweser
1913 - 1915 Franz Essenwanger, Lehrer
1915 - 1917 Therese Hintermayr, Aushilfslehrerin
1917 - 1918 Maria Schweitzer, Aushilfslehrerin
1918 - 1919 Mathilde Mayer, Aushilfslehrerin
1917 (?) - 1921 Josef Rödter, Hauptlehrer
1921 - 1922 Wilhelm Roßmann, Aushilfslehrer
1922 - 1925 Johann Berthold

1925 (bis 1.5.) Josef Huber, Aushilfslehrer
1925 - 1926 (bis 1.2.) Michael Meindl, Hilfslehrer
1926 - 1928 (bis 15.2) Xaver Anzenberger
1928 - 1929 (bis 1.2.) Anton Schön, Hilfslehrer
1929 - 1932 (bis 1.11.) Konrad Sing, Hilfslehrer
1929 (24.9. bis 31.10.) Josef Scheck, Schulamtsbewerber
1932 (ab.1.11.) - 1939 Friedrich Bauer
1935 - 1939 Rosa Wagner, Aushilfslehrerin
1940 - 1945 ?
1945 - 1949 Stecher
1949 - 1959 Wilhelm Graupner
1950 - 1954 Magdalena Leiprecht
1954 - 1976 Josefa Scherer (später verh. Steck)
1959 - 1964 Herbert Reichel
1964 - 1968 Hermann Miller



Unter Verweser ist ein bloßer, meist nur vorübergehend eingesetzter Verwalter der Stelle zu verstehen. Der Unterschied zu einem "richtigen"Lehrer ist unklar.

Quelle: Aufzeichnungen Josefa Steck auf Basis von in der Schule Baiershofen aufgefundenen Schriftstücke. In dem seit den 1920er Jahren geführten Schultagebuch sind nur die Namen der Lehrer ab 1854 (Stiegelbauer) aufgezeichnet. Diese Liste stammte vom dem Begründer dieser Aufzeichnungen, Hans Bertold. Dabei findet sich der Vermerk: "Bis 1891 ist über die Lehrer, die hier waren nichts vorzufinden". Die Namen und Daten der Lehrer ab 1805 finden sich in dem von Pfarrer Wörle 1883 angelegten Familienbuch. Dieses war Hans Bertold offenbar nicht bekannt. Dort findet sich unter der Hausnummer 43 1/2 die Liste der Lehrer von 1805 bis 1892, danach noch die weiteren Bewohner (= Lehrer) des Schulhauses.