Die wenigen noch greifbaren Protokolle der königlichen Schulinspektionen für Baiershofen zeigen zu Beginn des 20. Jahrhunderts einerseits eine eher mäßige Schulbildung, andererseits aber auch das staatliche Bemühen, pädagogische Erfolge zu erzielen.
Im Protokoll der außerordentlichen Schulvisitation vom
1. März 1898 heißt es zusammenfassend:
"Der singende Ton der Kinder beim Lesen und Sprechen ist abzustellen. Die Kinder sind zu gewöhnen, namentlich in den oberen Klassen, auch beim Sprechen in dem Antworten sinngemäß zu betonen. In der V[orbereitungs] Kl[asse] rechnen und lesen nur 3 Schüler von 9 befriedigend. Im Rechnen ist in dieser Klasse zu schnell vorgegangen worden. Die Kinder sind im Zahlenkreis bis 8 durchaus nicht sicher u. doch sollen sie schon mit 12 rechnen. Unterkl[asse] ist im Rechnen und Lesen sehr schwach, die Mittelklasse desgleichen in der Sprachlehre. In dieser Schule ist eine große Ungleichheit in Förderung der Kinder zu beobachten. Das Sprechen der Kinder ist faul, undeutlich, durchaus ungeübt."
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Im Visitationsprotokoll von 1900 heißt es:
"Mit Ausnahme von drei Schülern liest die Vorb[ereitungs] Kl[asse] befriedigend. Auch in der Unt.Kl. finden sich drei Kinder, die gar nicht lesen. Diese schwachen Kinder dürfen nicht vernachlässigt werden. Das Rechtschreiben der Mittelkl. ist schwach. Beim Lesen der Mittel u. Ober Kl. ist auch auf gute Lautung zu dringen; diese Klasse soll auch im Rechnen größere Sicherheit aufweisen. In den Lesestücken müssen den Kindern die ihnen unbekannten Wörter u. Ausdrücke erklärt werden."
Das Schulhaus wird als feucht bezeichnet, das Schulzimmer als ausreichend, von den Lehrgeräten seien manche defekt.
Der Schulgarten wird gepflegt und die anderen zur Schule gehörigen Grundstücke seien "im Betrieb des Lehrers" (zu dieser Zeit Otto Kinzer).
In einem nicht genau datierbaren Protokoll um 1905 heißt es:
"Lehrer Knoll muss es sich abgewöhnen, den Schüler durch Anfangen des Satzes auf die Antworten einzuhelfen. Das Fragewort gehört an die Spitze. Nicht alle Schüler sprechen gehörig laut. Ebenso fehlt es an deutlichen und noch mehr aber am gut betonten und lautreinen Lesen. Manche Schüler lesen zu rasch und beachten die Unterscheidungszeichen zu wenig; die Schüler des zweiten Lehrjahres besitzen überhaupt nicht die erforderlich Lesetechnik. Lehrer Knoll muss die besagten Mängel unter Aufbietung allen Fleißes zu heben suchen. Dann wird bei den betreffenden Schülern, die im Lesen nicht entsprochen haben, es auch mit der Orthographie besser werden. |
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Dass die schulischen Leistungen in Baiershofen nicht immer die allerbesten waren, zeigt dieses zufällig erhaltene Schulentlassungszeugnis, das nach dem Besuch der 7-klassigen Volksschule (Werktagsschule) auch die 3-klassige Sonntagsschule umfasste. |
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Ein Visitationsbericht von 1912 lautet:
Werktagschule
Visitationsbericht des Distriktsschulinspektors Fuchs,
Schule Baiershofen
K[önigliches] Bezirksamts Zusmarshausen
Lehrer: unständiger Verweser Josef Biberacher
Tag der Visitation: 14. November 1912
[Schülerzahlen]
I. Äußere Schulverhältnisse:
Schulzimmer: primitiv und klein
Schulbänke: alt
Lehrmittel: bescheidenen Anforderungen genügend
Schülerbibliothek: nicht vorh., Anschaffung wird empfohlen
Schulgarten: keiner
II. Stand der Erz[iehung] und des Unterrichts im allgemeinen
ist, soweit es sich um die oberen Jahrgänge handelt, im allgemeinen befriedigend; die unteren drei Kurse weisen ein starkes Contingent von wirklich schwach veranlagten Kindern auf, ein unerfreuliches Hemmnis für einen einigermaßen entsprechenden Lehrerfolg. Die Lehrtätigkeit des unst. Verw[esers] Biburger gefällt durch ihre ruhige, gesetzte, zielbewußte Art u. bietet Garantie, das einem gedeihlichen Schulbetrieb sicher ungünstig beeinflussende Moment des innerh. kurzer Zeit wiederholt erfolgten Lehrerwechsels etwas zu paralysieren.
Auch das stark dialektgeprägte Sprechen sah man bei der Schulaufsichtsbehörde offenbar nicht gern. So heißt es unter "mündliche Sprachpflege": "Vokalisation d. Kinder ist durchaus unrein. Auch andere Eigentümlichkeiten im Sprechen erinnern zu lebhaft an den Dialekt. Da der Lehrer selber sehr gut spricht wird er wohl durch sein eigenes Beispiel Besserung anbahnen."
Und auch die wohl in manchen Fällen noch immer nicht so ganz erst genommene Schulpflicht - vor allem wenn die Kinder bei der Arbeit gebraucht wurden - fand im Protokoll einen Niederschlag. In der Schlussbemerkung heißt es:
"Da seitens der Lokalschulinspektion [d.h. Pfarrer Markus Hermann]
bezüglich des Versäumniswesens über einige Kinder Klage geführt wurde, nahm der Inspektor am Schlusse der Visitation Veranlassung, in dringlichen Worten die Kinder zu fleißigem Schulbesuch zu ermahnen."
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Im letzten der erhaltenen Visitationsberichte taucht 1915 - der 1. Weltkrieg war in vollem Gang - erstmals eine weibliche Lehrkraft auf. Ihre Tätigkeit wird sehr positiv beurteilt:
"[Der Stand des Unterrichts] ist ein wirklich erfreulicher; die Lehrerin unterrichtet mit sichtlichem Ernst u. Liebe zur edlen Sache; sie hat Energie, Autorität u. Lehrgeschick; Unterrichts- u. Erziehungserfolge sind daher auf allen Stufen gleichmäßig gute; das Frl. wird nach Überwindung kleinerer methodischer Unebenheiten ganz sicher eine sehr geschickte Lehrerin werden."
Wie bereits 1912 hatte der Schulinspektor Fuchs auch bei dieser Visitation Bedenken hinsichtlich des Dialekts. Unter "Mündliche Sprachpflege heißt es:
"Der Dialekt hat noch einen zu breiten Spielraum. Anhaltendes Sprach- und Lesebeispiel der Lehrerin müssen Besserung anzubahnen suchen."
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