Samstag, den 31. Mai 2008

Fahrt nach Hamokerasa



Wir haben gut geschlafen, am See, fiel auch das Einschlafen etwas schwer, da der Weg, an den Terrassen vorbei, zum Seeufer und den dortigen Weiden führte, und so ein Traktor, der den Berg hinaufschnauft, ist nur schwer zu Überhören.

Mittlerweile mit den Eigenheiten des modernen Nomadentums vertraut, brauchten wir nur kurze Zeit, um ungestresst wieder die Straßen entlang zu segeln, welche uns, dank der neuen Umgehung, schnell an Thessaloniki vorbei brachten, immer weiter nach Osten, Richtung Drama. Nachdem wir nördlich an Chalkidiki, von West nach Ost, vorbeigerauscht waren, trafen wir kurz vor Asprovalta, am Golf von Strimonikos, wieder auf die Meeresküste.

Leider wollten wir uns diesmal nicht die Zeit nehmen, den kurzen Abstecher in das südlich liegende Stagira, dem Geburtsort des Aristoteles, zu machen. Ich mag diesen Denker deshalb so besonders, weil er die von ihm vorgefundene Philosophie vom Kopf wieder auf die Beine stellte. Nach Aristoteles fängt man nicht beim ersten Beweger an und denkt sich von Gott aus nach unten, sondern man fängt an, bei dem was man sieht, und denkt sich durch Abstraktion zu immer allgemeineren Begriffen in der Pyramide nach oben, bis hin zu Gott, oder wen man will, der vereinheitlichten Theorie für alles. So begründete Aristoteles das wissenschaftliche Denken. Aber jetzt schweife ich doch ziemlich ab, warum ich das überhaupt geschrieben habe, nun, vielleicht kann das zumindest teilweise mein besonderes Interesse an Griechenland erklären.

Auch wenn wir diesmal nicht dort waren, erlaube mir ein Bild eines früheren Treffens zu zeigen:

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Also gut, nicht nach Stagira, sondern nach Asprovalta. Dieser Ort liegt an einem der wenigen Badestrände Mazedoniens und ist touristisch gut bekannt. Bisher bin ich immer mit sehnsüchtigen Blicken auf die sich im Wasser tummelnden Glücklichen an diesem Strand vorbeigefahren. Diesmal, dank unserer fahrbaren Dusche, ist Salzwasser kein Problem mehr.

Ein Blick in Waldameisens braune Augen, und es war beschlossene Sache. Wir fanden die richtige Zufahrt zum Strand, sie war unmöglich zu verfehlen, da aufgereihte Wohnmobile signalisierten, hier kann man stehen und suchten uns einen freien Platz, mit ausreichendem Abstand zu den Nachbarn.

Und jetzt kommt etwas, was ich auch loswerden muß. Zum ersten mal in meiner kurzen Womo Karriere, traf ich mehrere Gleichgesinnte in freier Wildbahn, und - wie soll ich es sagen, es war deprimierend. Das erste Womo, an dem wir vorbei mußten, hatte ein deutsches Kennzeichen, wir lächelten freundlich, nickten mit dem Kopf (die Hände blieben am Lenkrad), aber der Herr in Badehose, auf seinem Stuhl, neben dem Womo, die Bierdose in der Hand, Sonnenbrille auf der Nase, den Mund offen, war nur in der Lage, seinen Kopf zu drehen, um uns beim Vorbeifahren nicht aus den Augen zu verlieren.

Urgs!

Hat da jemand irgendwelche unflätigen Sprüche auf's Äußere unseres Womos gesprüht? Oder, sahen wir aus, als ob wir im seinen Stellplatz streitig machen wollten? Hier wurde das Klischee des biertrinkenden Teutonen bilderbuchmäßig bedient, wie das wohl auf die Griechen wirkt? Ich muß mir das Gesehene noch einmal durch den Kopf gehen lassen, es kann ja sein, daß ich von falschen Voraussetzungen ausgehe. Na egal, war sicher eine Ausnahme.

Auch wir fanden unser Plätzchen, in genügendem Abstand, kurbelten in diesem Urlaub zum ersten Mal den Schattenspender aus und kramten nach den Stühlen. "Verdammt, das muss besser werden!", entfuhr es mir, nachdem ich an die Stühle erst nach Herausnehmen der Fußablagen kam, an diese aber erst nach Entladen des Trockenständers, dieser war durch die Auffahrkeile verbaut. Als Lehrling in Sachen Womo hat man es nicht leicht, aber es wird.

Die Stühle stehen draussen, wer sagt's denn. Der Waldameise hat die Zeit gereicht, um für den Besuch des Meeres die passende Garderobe zu finden.

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Das Wasser war angenehm und der Umstand, spontan die Fahrt unterbrechen zu können, um einfach in's Meer zu hüpfen, hob unsere Stimmung ganz gewaltig. Wir tollten wie die Kinder, übten Unterwassersaltos und lauter so Zeugs, ich kann nur hoffen, daß vorhandene Beobachter jetzt nicht uns befremdlich angesehen haben.

Genug geplanscht, wir müßen weiter, wollen wir heute noch in Hamokerasa ankommen. Aber für ein kleines Mahl, es gab wieder den "Griechenlandurlaubsklassiker", und einer kurzen Siesta war muß die Zeit einfach reichen.

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Und weiter ging es , auf der alten Straße, Richtung Osten bis zur Brücke über den Strimonas, in der Nähe von Amphipolis. Hier kommen wir nicht vorbei, ohne dem Beherrscher der Wüste unsere Aufwartung zu machen. Der Löwe von Amphipolis ist an die 6m hoch, unter seinen Pfoten krabbelt Waldameise vorbei und demonstriert so vorzüglich die riesige Dimension des Standbildes.

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Über die Fahrt nach Drama gibt es nichts Besonderes zu berichten. Unser Womo nahm die direkte Route nach Drama unter die Räder, die Küstenstraße, über Kavala, wäre ein zu großer Umweg gewesen, aber sicher reizvoll. Drama empfing uns mit dem üblichen Temperament griechischer Städte. Alles was Räder hatte schlich, fuhr, flitzte durcheinander. Man muß nur langsam aber zielstrebig seinen Weg fahren, und Geduld haben, dann geht alles wie am Schnürchen. Am Ende von Drama steigt die Straße ein kurzes Stück bergan, oben angekommen hat man die Wahl, geradeaus in Richtung Kavala zu fahren, oder nach links, Richtung Xanthi abzubiegen. Wir bogen ab, unser Ziel war das weitgehend unbekannte Dorf Hamokerasa.

Es liegt ca. 7km hinter Nikiforos. Folgt man, kurz vor Erreichen von Hamokerasa, noch vor dem Bahnübergang, der Abzweigung nach rechts, kann man über Paliampela nach Hamokerasa fahren. Diese Strecke ist etwas holperig, aber landschaftlich um einiges schöner.

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Hamokerasa! Endlich.

Mich binden private Bande an dieses Dorf und entsprechend herzlich fiel die Begrüßung aus. Nach genügend Umarmungen, die Ringern alle Ehre gemacht hätten, wurde die Frage der Übernachtung geregelt. Die Straßenbauer hier im Ort, haben bei der Planung ganz sicher nicht an Womos gedacht. So gibt es ein Problem. Die Straßen sind entweder schmal, oder steil, meistens jedoch beides. Eine Ausnahme bildet die Hauptstraße, welche 200m lang ist und waagrecht, nur nicht breit genug, um ohne Behinderung ein Womo darauf abzustellen, neben der Straße sah das schon besser aus. Perikles, unser "alter Grieche", den wir besuchten, rief über den Zaun,

"Nachbar, alte Kanack, mein Besuch muß das Auto hier abstellen, hast du was dagegen?".

Alte Kanack - das ist einer der Lieblingsausdrücke von Perikles, sowie auch "MilioneGranadeLiebe" einer ist. Der Nachbar hatte nichts dagegen, war wohl eher stolz, dem Besuch des Perikles etwas Gutes tun zu können. So ergatterten wir ein tolles Plätzchen unter dem Nussbaum.

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Der Rest des Tages verging schnell, es gab viel zu erzählen. Wir spülten die weniger gut gelungenen griechischen Worte mit Ouzo runter, Perikles tat es so mit seinen misslungenen deutschen.

Na dann, gute Nacht.