Die "Pfahlungsurkunde" von 1782

Eine Urkunde von 1782 beschreibt auf 63 Seiten die genaue Lage von 279 Pfählen in der Flur mit ihren Abständen zueinander. Teilweise sind dabei die Grenzen von Grundstücken verschiedener Nutzungsberechtigter (Lehner) erwähnt (Grenzpfahl), teilweise Nutzungrechte (z.B. Weiderechte, "Trieb" genannt), teilweise wird nur die genaue Lage der Pfähle genannt. Diese Pfahlmarkierungen existierten offenbar schon vorher, denn es ist von früheren Pfählen die Rede, außerdem nennt sich die Urkunde "Renovation" (Erneuerung). Die Urkunde (deren Orginal in den Kriegswirren in Privatbesitz gelangte) erwähnt auch viele Familiennamen und etliche zuvor getätigte Grundstücksgeschäfte.

Bei der Beschreibung werden auch einige, im dörflichen Sprachgebrauch z.T. heute noch bekannte Punkte erwähnt (die "Volling", die "Sandhühle"). Diese ermöglichen es, die ungefähre Lage der ehemaligen Pfähle auszumachen.
Die Volling war ein Flurstreifen am Hofwiesenbach östlich des Dorfes Richtung Altenmünster, unterhalb des Viehweidberges. Nach einer Sage soll hier zuweilen nach Einbruch der Dunkelheit ein unheimliches weißes Pferd erscheinen, der "Vollingschimmel". Wer bei Dunkelheit nach Altenmünster ging, sollte immer ein Stückchen Zucker bei sich haben und es dem Tier geben, damit es sich friedlich verhalte.
Das Sandhühla war ein Hohlweg, der am westlichen Ende der Dorfangers (in der Urkunde "Gemeinds Gassen" genannt), nach Süden abzweigte. Hier war eine der wenigen Stellen, an denen sich für Bauzwecke brauchbarer Sand abgraben ließ. In alten Karten ist der Hohlweg deutlich zu erkennen.


Hölzerne Pfähle für die genaue Grenzfindung

Wahrscheinlich dienten die Pfähle als zentrale Messpunkte, von denen aus die Lage von Grundstücksgrenzen ermittelt werden konnte. Aus alten Karten ist ersichtlich, wie sehr die Feldflur unter verschiedenen Nutzungsberechtigten aufgeteilt und zerstückelt war. Daher ist der Wunsch verständlich, feste Punkte zu definieren, von denen aus z.B. die genaue Grenze eines Ackerstreifens ermittelt werden kann. Da die Angelegenheit auf Wunsch der Gemeinde zustande kam, darf angenommen werden, dass die Gemeinde als Zusammenschluss der nutzungsberechtigten Lehner (zumindest in Baiershofen, wo es eine sehr homogene Struktur und mit dem Kloster Fultenbach nur einen einzigen Grundeigentümer gab) bereits vor Entstehung des zentralisierten Bayerischen Staates (1806) eine Rolle spielte und Verwaltungsfunktionen übernahm.

Nummerierte Pfahlmarkierungen gab es in Baiershofen noch bis mindestens 1935 (Auskunft Johanna Schwab). Hölzerne Pfähle waren an bestimmten, meist größeren Grundstücken eingeschlagen. Die Abstände zu anderen Pfählen waren bekannt. Von den Pfählen aus konnte dann offenbar (durch bekannte Abstände) die Lage weiterer Grundstücksgrenzen ermittelt werden. Es war Aufgabe der drei Feldgeschworenen, die Pfähle zu überwachen und falls sie beschädigt oder morsch waren, zu ersetzen und auf die genaue Position zu achten.

Der in der Urkunde (Seite 1) erwähnte Johann Georg Beck war von 1777 bis 1802 Verwalter (Stiftsbeamter) des Klosters Fultenbach. Dieses stand zu dieser Zeit, da es überschuldet war, unter der Verwaltung von Ottobrunn (Augustin Hafner, Jahrbuch Hist. Verein Dillingen, Bd. 28 (1915), S. 255ff).




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Für den Leser des 21. Jahrhunderts ist nicht nur die Schrift eine harte Nuss, sondern auch der Sprachgebrauch und bestimmte Abkürzungen. Fachkundige Hilfe ist willkommen!

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Hier der Versuch einer Entzifferung:



Seite 1:

Bayrshofische Gemeinds Pfahlungs Renovation

welche auf unterthäniges Ansuchen der dortigen Gemeinde von diesseitig hochwohl[löblicher] ... Administration Erlaubt, und sodann in dem Monat Juny 1782 durch den hochwürdig in gottgeistlich und hochgelobten Herrn P[ater] ... Reinhart Friers (?) hochlöbl. Befreyten Reichs Stifts und Gotteshaus zu Ottobrunn Kapitularn und d.z. (??) Kellermeister (?) alhier, administrationis ... Johann Georg Beckh ... d.z. Rath und oberamtmann, dann Conrad Hagg des Gerichts und Vogt samt beiden geschworenen Pfahlmeistern Joseph Schuster und Franz Langenwalter, wie auch beiden Burgermeistern Sebastian Klass und Anton Hueber, den 11., 12. und 13. Juny 1782 obbesagt[es] vorgenommen und Beschrieben




Seite 2:

sodann in drei Tag zu jedermanns bester Zufriedenheit ganz glückhlich vollendet worden.

Ist derohalben der Anfang auf dem gaysweiller gemacht worden: und

1. Stehet der Erste Pfahl an dem Eck des Bühlholzes so linkher hand lieget, rechter hand des Mayers von Hennhofen gaysweiller ackher, so dermal Ulrich Gebel von Altenmünster ..hat Rüpplers oder rückwerts gegen Aufgang liegt des Müllers von Altenmünster äckher, auf welchen, gleichwie auf anderen Altenmünsterschen äckhern, so gegen Aufgang liegen, gehört der Trieb ganz allein nacher Altenmünster auf den anderen äckhern aber an welchen man gegen Niedergang fortstehet, gehört der Trieb gleichfalls ganz alleinig denen Hennhofern ist mithin fortgemessen worden gegen Niedergang an dem Holz und sind bis künftigen .......................... 5, - , -

[die Maße sind in Ruten, Schuh und Zoll angegeben; vor allem für die Rute finden sich unterschiedliche metrische Umrechnungen, z.B. 3,5 Meter, aber auch 2,9 Meter. 1 Schuh (=Fuß): ca. 29 cm,
1 Zoll: ca. 2,5 cm]

2. Stehet zwischen dem Bühlholz und besagtem ackher, sind ............ 4, - , -

3. steht mehrmal an Besagtem Holz, Endet sich des Ulrich Gegel von Altenmünster sein ackher und fanget an Johann Grünwalts sein ackher von Hennhofen und sind ................10, 8, -




Seite 34:

156. Ist Ein Eckh Pfahl, schaidet linkher hand Leonhard Schmid Jung und Leonhard Schmid alt, rechts aber die Gemeind, geht gegen Mittag, und sind ..............4, - , 7

157. Ist ein Mittel Pfahl, linckher hand Albanus Weldishofer, Rechts an der Gemeind, die Volling genannt,
hat ......................................... 16, 9, -

158. Ist ein Eckh Pfahl hard an der Höckh, hat ein starken Rand.., und sind .. 7, 7, 4

159. Ist mehrmal ein Eckh Pfahl am Eckh der Volling, dann dem Krautgarten, und Gemeindsholz, geht an dem Graben fort gegen Niedergang und sind zu folgendem
.................................................17, - , -

160. Ist ein Mittel Pfahl, linckher hand der Krautgarten, Rechts die Gemeind und sind
.................................................29, 9, -

161. Ist ein Eckh Pfahl, an dem Krautgarten, und der Gemeind, geht gegen Mittag Ziegelwys zu und sind .......7, 3, 2

162. Ist ein Eckh Pfahl, linckher hand Krautgarten, schaidet die Ziegelwys und die

[Ein kleinflächiger Krautgarten, an dem offenbar unterschieldiche Anwesen Anteile hatten ist in der Ortskarte von 1834 südlich des Hofwiesenbaches, etwa auf Höhe des Kirchlesweg eingezeichnet.]


Seite 35:

Nach der 7. Ruthen 6 Schue fangt an Hans Jerg Knöpfle
Nach der 11. Ruthen 4 Schue kommt Hans Jerg Klein
Nach der 14. Ruthen 1 Schue 4 Zoll fangt an Leonard Gsell mit dem Paul Jost[schen] Lehen
Nach der 16. Ruthen 1 Schue fangt an Joseph Kraus Wittib
Nach der 18. Ruthen Franz Kraus
Nach der 21. Ruthen 6 Schue fangt an Anton Kraus mit dem von Hans Kottmayer Erkauften Viertl (?)
Nach der 23. Ruthen 4 Schue fangt an Johann Knöpfle und sind bis an des Joseph Knöpfles omath Wysackher ["omath" - von abmähen, d.h. Mähwiese für frisches Gras, Grummet] in allem ......................... 33,-,-

169. Steht an des Joseph Knöpfles omath Wysackher, Rechts die Gemeind Vieh-Wayd, gegen Niedergang des Dorf und sind zu folgende
Nach der 3. Ruthen 7 schue Leonard Knöpfle
Nach der 7. Ruthen 6 schue Hans Jerg Kraus und Hans Jerg Klein.








Seite 51:

Weilen über die Sandhühle nicht hat können wohl gemessen werden. so ist allda nichts ausgeworfen, sondern gleich mit No 237. angefangt worden.

237. Steht an des Johann Kottmayers seinen Essten [?] ackher, rechter Hand die Sandhühle gegen Mittag, und sind bis künftigen .................................. 15, 6, 8

238. Ist ein Mittel Pfahl steht linckher hand an erstermelten ackher, Rechts die Sandhühle, geht beständig gegen Mittag auf die Gemeinds Gassen und sind
................................................. 20, - , -

239. Steht der Eckh Pfahl an gen[nanntem] Essten ackher bey einer Erbluckhen [?], welcher schon No. 100 signirt ist.
Von deraus ist man widerum gangen grat über den fahrweeg hinüber zu des Conrad Hagg Erkauften Fleckhen und ist allda widerum angefangen worden

240. Ist ein Eck Pfahl, hat rechter hand den fahrweeg nacher Weisingen Glött, und Altenbaindt und sind .................... 8, 6, 3

241. Steht an Einem Graben, hat rechter hand den fahrweeg, lincks den flecken
....................................................6, 4, -