Der Dorfbrief von 1556

Transkription:

Zu wissen, das in dem spanen und irrungen, die sich zwischen dem erwirdigen und geistlichem in gott vatter und herren herrn Bernharten abbten,herr Christoffen priorn und convent deß gotzhauß Fultenbach on einem gegen und wider vogt, vierer, gericht und gantze gemaind zu Bayerßhoven andersthails.

Erstlich deß geackers halben. das die von Bayrßhovn alain auch mit frembden schweinen one vorwissen wollermelts ires gnedigen und gunstigen heren prelaten, priors und convents zue fultenbach gebrauchen wollen.

Am anderen, und das die gemaind zu Bayrshofen ire gemaindholtzer nach aines jeden gefallen hart zerschlagen und verderbt haben.

Zum dritten, und das die von Bayershofen biß her ire lehen halb und viertailsweiß zertailt, zertrent hingeben, den flecken hart überbauen und die heußlin inainander gar hart gesteckt haben.

Zum vierten deß halber, das die lehener ire lehen auch mißbraucht, zerschlagen, verderbt und ires gefallens abgetriben haben.

Zum funften, umb das diu von Bayrshoffen ire söldner nit gemaidßleuth sein, inen auch kain thail an bren- und zimmerholtz geben und volgen Iassen wollen.

Zum sechsten, das sy ettlich malen hender wollermeltem irem gnedigen herren gemainden gehalten haben.

Zum sibenten und letzsten umb das die von Bayrshofen wollermelten iren gnedigen herren für die fürstlichen statthalter und rätte vertagt haben. Deshalber wolIermeIter prelatt die underthonen gebürlicher straff nit erlassen wöllen.

Zwischen ermelten partheyen spänn erhalten, wie yetz erzelt, derenhalber die fürstlichen statthalter und rathe uß inen zwen, die edlen, vesten und hochgelerten herrn Christoffen vom Berg, stattvogten, und deß gotzhauß schirmherrn, und Rochussen Dillherrn, der rechten dochorn verordnet, hinauß zu reyten, die gemaindholtzer, den flecken Bayrshofen und was von nötten zu besichtigen, den Augenschein einzunemen und ermelt beed partheyen miteinander in der gütte zu verainen und zu vergleichen. Uff gegebnen bevolch seyen ermelt verordnet am zwaintzigsten Octobris deß lauffenden sechshundfunfzigsten jars gen Bayrshofen geritten, haben im flecken Bayrshofen in beysein wollermelts prelaten, vogt, vierer und gantzer versamleter gemaind den augenschein zu dorf und höltzer allenthalben wo von nötten und nach der partheyen gefallen aingenommen, nach solchem die von Bayrshofen gen Fultenbach in das gotzhauß beschiden. All beederseitz haben spänn, mängel und gebrechen nach gnugsamer verhör beeder thail notturft mit irem wissen und gutten willen bethadingt, sy veraint und verglichen, wie hernach volgt.

Und erstlich, so sich begeben und inkunftig zutragen wirt, das von der allmechtig ain geäcker geratten lasset, daß sollen die Bayrshofen mit iren trog und nit mit frembden oder eingenommen schweinen wie vor alters her beschlagen, dasselbig ires gefalles fretzen, nutzen und niessen. Zue solchen deren von Bayrshofen schweynen sölten wollermelts herrn preIaten trog und gotzhauß schweyn nach irer gnaden gefallen und gelegenhayt, one das iren gnaden hirtin ainiche maß oder Ordnung gegeben werd, auch geschlagen und wie deren von Bayrshofen schwein alda gemöst und solang das geäcker weret, lauffen und verhieten lassen, one das wollerrnelter herr prelatt ainich äckhergelt zu geben schuldig sey oder geben soll. Und so das geäcker so neulich geratten wurd, das sy mer schwein daselbst einzunemen und zu erhalten verhofften das solten die vonn Bayrshofen volgenter gestalt zu thon gemacht und gwallt haben,das solchs mit vorwissen, gehayß und bewilligung wollermelts herrn alß ires ordenlichen natürlichen und lehenherrn geschehe. Und das ackergelt, so von solchen frembden eingenomen schweinen empfungen wirt, mit vorwissen, gehaiß und bevolch wollermelts herren prelaten an gemainen nutzen ermelts flecken Bayrshofen verwendt, angelegt und nit ubel und onnutzlich verschwendet und werd.

Am andern, damit die gmaindholtzer deß flecken Bayrshofen nit fürohin wie bisher- beschehen abgetriben, verderbet, sonder mit gutter ordnung genutzt, genossen und gehayet wurden, ist bethädingt, abgeredt und bewilligt worden, das fürohin kain gemaindsman zu Bayrshoven aigens gewalts und seins gefallens zimmer- oder andere holtzer fallen, sonder soll ain jeder gemaindßman wann er zimmerholtz bedürfftig. sein nott dem vogt und vierer anzaigen. Alßdann soll der vogt solchs wollermelten herren prelaten anzaigen, sich daselbs bschaids erhollen, daß der herr prelatt oder seiner gnaden gesanter nach irer gnaden gelegenhait, gefallen gutt ansehen und deß flecken nutz und weytters nit holtz gegeben werd, do es mit wenigsten schaden gegeben mag werden, solcher bewilligung gelebt und darüber nit gehauwen werd, doch das solch holtzaufgabung zu gelegner herbst- oder frielingszeitten dermassen geschehe, damit widerumb holtz erwachsen meg.

Gleichergestalt soll es mit außgebung deß brenholtz auch gehalten werden, das solchs mit wissen, gehayß und in beysein deß herrn prelaten oder irer gnaden gesanten an enden und orten geschehe, do solchs gemainen flecken den wenigsten bringen mög.

Zum dritten, alß unordnung zu Bayrshofen dermassen uberhand genommen, daß die. lehener ire lehen zum halben, ettlich zum vierthel zerthailt, zertrent und die iren gegeben und deshalber so vil kleiner heuser gebauwen und zunechst anainander gesetzt und inainander gesteckt haben, mit hechsten sorgen und gefar in feurßnöttin. Solchs ist den underthonen hochlich verwisen, hierauff abgeredt und bethädingt worden, das fürohin kai lehener sein lehen mer trennen, sonder beyainander behalten soll. Und diejenigen, die zertrennt worden, sollen so vil möglich widerumb zusamen gebracht werden. Es sollen auch sunst keine neuwe heuser one vorwissen der herschaft gebauwet werden.

Zum vierten, alß auch die lehener ire lehen mißgebrauchet und ire lehenholtzer zerschlagen haben, ist bethädingt, bewilligt und angemommen worden, das fürohin die lehener ire höltzer wie bidern und erbarn lehenleuthe woll anstatt zu iren notturfft gebrauchen und nit mißbrauchen sollen. Wo aber ir notturfft erfordern wurd, das sy ire höltzer merdann gewenlich angreifen solten und muesten, das anderst nit geschehen, dann mit wissen und erlauben wollermelts herren prelaten oder seiner gnaden deßhalber verordneten, damit nit die vätter reich und die sun arm werden, sonder sollen sy ire lehen mit wissen und erlauben wollermelts ires lehenherrens nutzen und niessen und anderst nit, dan wie sy in krafft irer lehenglübdt ze thon schuldig.

Zum funften, alß die lehener die söldner zu Bayrshofen, die mit ihnen bisher geheit und gelegt deß flelcken gemaine beschwerden mit stegen, wegen und anderen getragen, nit gemaindtßleuth sein, inen auch keine brenn- oderzymmerholtz geben lassen wollen. Alß sich nu die söldner des uffs hechst beschwerten, ist durch die verordneten herren die sach dahin bethädingt und von beeden thailen guttwilligklich angenomen worden, das fürohin keine sölden von neuwen neu gebauwet und allein die funfzehn jetz verbaute solden bleyben und söllen solch funfzehen söldner und ire nachkommen jetz und für und für gemaindßleuth hayssen und sein. Und mit außziehung des brennholtz sollen die funfzehen obermelten solden, wan sy die lehener und söldner mitainander brennholtz außziehen sollen, die funfzehen sölden alß vil haben, als drey ganzen lehen haben und sollen zu gemaines flecken beschwerdenn und nutzen gehalten werden und wo sy die söldner zu erhaltung irer sölden zimmerholtz bedurfftig sein wurden, soll inen mit des herren prelaten gehayß, bewilligung und vorwissen und anderst noch mit weytterm nit geholfen werden.

Zum sechsten, alß die von Bayrshoven ettlich malten auch wider iren herren und sunst aigens gwalts gmainden gehalten und sich in haltung der gemainden allerlay onordnung und onrichtigkait zugetragen, ist denen von Bayrshoven solchs verwisen, bethadingt, bewilligt und on widerred von beeden thailen angenommen,und inend er beschaid gegeben worden, das sy fürohin kain gemaind uff ir aigen fürnemen halten, noch versamlen sollen, sonder wan sachen fürgefallen, derenhalben sy vermainen von nötten zu sein, ein gmaind zu versamlen und zu halten, das soll an vogt und vierer volgenß von inen an wollermelten iren gnedigen herren gebracht und in dem fall gehalten werden, wie hernach volgt, das der her prelatt selbs aigner person zu inen khomen oder jemands von irer gnaden wegen zu inen verordnen soll. Die sollen zu vogt, vierern und gericht noch personen uß der gemaind ernemen vogt, vierer und gericht mit solchen acht zugesetzten personen samentlich machen und ordnen, dem soll in allweg gelobt, nachkhomen und gehalten werden, alß were ein solches inbeysein einer gantze gemaind gemacht und geordnet worden. Ein solches soll für und für also gehalten und zuvor fürgangne onordnung inkhunftig fürkomen werden.

Letztlich und zum sibenden, alß die von Bayrshoven in dem onrecht gethaun, strafflich ubel gehandlet. Erstlich umb das sy aigens gwalts ettlich malen gemainden gehalten. Am anderen umb das sy wollermelten iren gendigen herren aigens gwalts für fürstlich statthalten und rathe gen Dillingen beschieden und vertagt, des und andreß halber wollermelt herr prelatt sy straffen vorhabenß. Das die verordneten ehätt inen denen von Bayrshoven verwisen und alß wollermelter herr prelatt vierzig gulden zu straff und weniger nit wöllen haen, ermelt verordnet die sach diß strits halber dahin bethädingt, daß wollermelter prelat solche straff nit fallen, sonder solche einstellen, nit fordern, sonder mit solcher stillstaun solt.Uff ir deren von Bayrshoven kunftig woll oder ubel halten der gestalt, die weil sy die underthonen sich zukunftig strafflich und wie zuvor beschehen abermaln ubel halten, alß dann sollen sy umb angeregte vierzig gulden und kunftigen ubergriff und verschulden one gnaden gestrafft werden, und die viertzig zuvor verschuldt gulden sampt weytterer straff der neue verbrechung erlegt und bezalt werden.

Solches alles, wie ietz von artickel zu artickeln, von puncten zu puncten erzelt und angezaigt worden, ist also von den verordneten gehandelt, bethädingt, gemacht, verabschidet und von beeden thailen on wiederred zu sonderm danckh angenommen. Der herr prelat, prior und vonvent solchen zu geloben zugesagt, sonder Bayrshoven dem herren stattvogt an aineß geschwornen aydestatt in sein hand gelobt heben in beysein gantzer gemaind allso, das beed thail all irer spänn und irrung, so sy uff diesen tag gegen einander gehebt, veraynt, verglichen, der herr prelatt, prior und convent ir gnedig und gunstig herren sy die von bayrshoven gefallig und gehorsoam underthonen hayssen und sein die herren sy deß halber nichts entgeltenm, sy die underthonen bewisen gnad erkennen sollen. Wie beed thail sich gegen verordneten gehabter mü bedanckht und begert haben, inen solches bewilligten, angenommen und deren von Bayrshoven halber an aydstatt gelobten vertrags und gehabter thäding einen spruch, vertags- und thadingßbrieff under irem insigel zu geben, das sy beed sich dermasen zu thon bewilligt, das wollermelter herr prelatt und convent ire abbtey- und conventinsigel neben ire insigel an disem wie beschehen hencken sollen, doch inen den thadingsherren und iren erben one schaden.

Geschehen zu Fultenbach in gotzhauß am zwaintzigsten tag Octobris, als man zällt hatt nach Christi gepurt tausentfunfhundertfunfzigundsechs jare. (20. 10. 1556)

Erläuterung:

(Die Herkunft dieser Erläuterungen ist unklar, dürfte aber auf den Historischen Verein Dillingen zurückgehen)

Bei der Aufstellung dieses Vertragebriefes haben mitgewirkt: vom Kloster Fultenbach der Abt Bernhart, der Prior Christoffen und der Convent, von Baiershofen der Vogt, die Vierer, das Gericht und die ganze Gemeinde..

Als erstes kam das Geäcker zur Sprache. Gemeint sind hier die Eicheln und die Bucheckern, die damals für die Schweinemast wichtig waren. Hier wird angeordnet, dass das Geäcker zuerst für die Mast der Schweine von den Baiershofern und für die Schweine des Prälaten verwendet werden müssen. Erst dann darf man mit dem Geäcker, wenn genügend vorhanden ist, auch andere Schweine mästen. Das Geld aber, das für das Mästen der fremden Schweine eingenommen wird, soll für den Flecken und nicht unnütz für Essen und Trinken ausgegeben werden.

Zum zweiten soll nicht jeder im Gemeindeholz Holz schlagen, was und wo er nur will, weil das einer rechten Bewirtschaftung des Waldes nur schadet. Darum soll jeder, der Holz zum Bauen braucht, dies dem Vogt melden, der es sofort dem Prälaten weitermeldet. Dann wird das Holz dort ausgewiesen, wo es auch wieder nachwachsen kann.

Zum dritten wird es verboten, dass die Lehen weiterhin geteilt werden dürfen. Im Gegenteil, die geteilten Lehen sollen wieder zusammengebracht werden. Durch das Teilen der Lehen wurden immer wieder neue Häuser zwischen die alten gebaut, was nicht mehr zu verantworten war. Die Hofreiten wurden zu eng, die Häuser standen zu dicht aufeinander und wenn ein Brand ausbrechen sollte, war er kaum mehr zu bekämpfen und das Feuer griff schnell auf den Nachbarn über ohne es verhindern zu können. Neue Häuser durften ab dieser Zeit nur noch mit Genehmigung der Herrschaft gebaut werden.

Zum vierten, sollen die Lehner in ihrem Wald nicht mehr soviel Holz schlagen wie bisher. Sie sollen das Holz im Wald zwar gebrauchen, aber nicht mißbrauchen, damit wir Jetzt nicht reiche Väter und dann nur noch arme Söhne haben. Sollte aber einmal ein außerordentlicher Holzeinschlag erforderlich sein, so hat diesen der Prälat zu genehmigen.

Zum fünften wird den Lehnern nahegelegt, daß sie auch die Söldner mithinkommen lassen sollen, was die Lehner dann auch versprachen. Auch wird angeordnet, daß zu den 15 Sölden keine neuen mehr gebaut werden dürfen. Diese jetzigen Söldner aber und ihre Nachkommen sollen wie Gemeindeleute behandelt werden. Wenn Brennholz verteilt wird, sollen die 15 Sölden soviel Holz erhalten wie 3 ganze Lehen. Wenn die Söldner Holz zum Zimmern brauchen soll ihnen der Prälat dieses im Wald anweisen und an diese Anweisungen müssen sie sich halten.

Als sechstes haben die Baiershofer ohne Wissen der Herrschaft Gemeindeversammlungen abgehalten. Man einigte sich, daß dieses nicht mehr vorkommt. Sollte aber eine außerplanmäßige Versammlung vonnöten sein, so sollen Vogt und Vierer dies beim gnädigen Herrn beantragen. Der Prälat wird dann die Versammlung selber abhalten, oder er schickt einen Verordneten dazu. Statt der ganzen Gemeinde, kann so eine Versammlung auch nur von Vogt, Vierer, Gericht und acht Personen von der Gemeinde abgehalten werden. Was in dieser Versammlung beschlossen wird, daran hat sich die ganze Gemeinde zu halten.

Zum siebten und letzten hat der Prälat den Baiershofern vorgeworfen, dass sie unrecht getan, übel gehandelt haben und unerlaubte Gemeindeversammlungen abgehalten hätten. Wegen dieser Anschuldigungen wendeten sich die Baiershofer an den fürstlichen Statthalter und Rat zu Dillingen, dass er ihnen gegen den Prälaten beistehen möge. Für dieses Handeln und den vorher genannten Verfehlungen der Baiershofer, wollte sie der Prälat mit 40 Gulden bestrafen. Die Dillinger Verordneten aber haben die Strafe ausgesetzt, mit der Auflage, dass die Baiershofer Untertanen gehorsam sein und sich wohl verhalten sollen. Würden sie sich nicht an diese Abmachung halten, dann müssten sie diese 40 Gulden und die neu hinzukommenden Strafen bezahlen.

Alles Verhandelte wurde Punkt für Punkt von beiden Seiten angenommen, an Eides statt gelobt es zu halten und mit den Siegeln der Partner gesiegelt.